brand eins 12/2009

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Titel: Sei einzigartig!

Schwerpunkt: Kunst

Zum Inhalt dieses Heftes schreibt Chefredakteurin Gabriele Fischer in ihrem Editorial: Bilder und Vorbilder

• Es scheint, als sei die Krise bald überstanden. Zumindest mehren sich die Prognosen, in welchem Tempo es nun wieder aufwärtsgehen soll. Nur – wo ist oben? Was heißt "aufwärts" nach einem Crash, der so manchem den Glauben an die ordnende Hand des Marktes genommen hat? Und was können wir lernen aus dem Exzess der vergangenen Jahre, der nicht nur viel Geld gekostet hat, sondern auch die Sinnfrage provoziert: Was ist was wert – und warum? Auf der Suche nach einer Antwort sind wir auf dem Kunstmarkt gelandet. Einem Markt also, der den Kursausschlag so gut kennt wie die Börse, auf dem "Masters of the Universe" die Preise treiben, mit Exkrementen gefüllte Dosen zum Wertobjekt werden und eigentlich genau das passiert, was uns nach dem Börsen-Crash erschaudern ließ: Was drin war in den Paketen, die Banker und Broker hin und her verschoben haben, hat kaum einer der Käufer gewusst. Sie glaubten nur an einen Wert, den andere, Experten, ihnen versprachen (S. 56, 74, 104). Doch das ist nur die eine, die oberfächliche Seite des Kunstmarktes. Die andere erahnt, wer sich ein, zwei Stunden bei Boesner aufhält, dem europaweit führenden Händler für professionellen Künstlerbedarf (S. 126). Dort kommt zusammen, was Kunst eben auch ist: Freude und Farbe und die Lust, selbst etwas zu gestalten. Oben? Ist dort jeder, der mit seiner Intuition und den vielen zur Auswahl stehenden Materialien etwas geschaffen hat, das ihn selbst erfreut. Und Karriere, so rät der Sammler und Unternehmer Harald Falckenberg gern Studenten an den Kunstakademien, "müsst ihr überhaupt nicht machen. Macht doch einfach, was ihr wollt." Das kann leicht sagen, wer sich wie Falckenberg um Miete und die Butter aufs Brot nicht sorgen muss. Wie aber soll der Künstler überleben, den solch profane Bedürfnisse qua Definition nicht zu interessieren haben? Die Lösungen des Problems sind so vielfältig wie der Kunstmarkt selbst. Der eine baut sich eine Marke auf (S. 122), andere machen, was ihnen wichtig ist, und lassen sich auch von soliden Gegenargumenten nicht irritieren (S. 94), wieder andere suchen nach Geldgebern dort, wo sie Geld vermuten: in der Wirtschaft (S. 116). Schließlich, so wird gern behauptet, gehören Kunst und Wirtschaft irgendwie zusammen, sind zwei Seiten einer Medaille, haben einander viel zu geben – nur was? Kunst am Bau? Ein bisschen was in Öl fürs Vorstandsbüro? Oder vielleicht doch: genau jenen Impuls in Richtung Freiheit und Kreativität, den eine zu lange auf Masse und Gleichheit gepolte Ökonomie gerade jetzt dringend gebrauchen kann (S. 46)? Wie kurz der Weg zwischen Kunst und Wirtschaft sein kann, zeigt das Origami, mit dem inzwischen nicht mehr nur Kunstwerke, sondern auch Fahrradhelme, Airbags oder Rednerpulte gestaltet werden (S. 88). Wobei sich "kurz" eher auf die Distanz bezieht: Zeitlich hat es vom Kunstwerk bis zur industriellen Anwendung gut 1500 Jahre gedauert. Doch wer die Nähe erkennt, muss so lange nicht warten. Steve Jobs etwa hat Apple durchaus als Gesamtkunstwerk geplant und dabei so manches Prinzip der benachbarten Disziplin übernommen (S. 70). Samuel Keller, langjähriger Chef der Art Basel, ist jedenfalls überzeugt, dass Kunst für die Wirtschaft mehr bringen kann als Dekoration (S. 82): "Künstler experimentieren, hinterfragen, riskieren, denken quer und entwickeln eigenständige Arten, die Welt zu sehen." Sie wollen, dass etwas bleibt.

Gabriele Fischer Chefredakteurin

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