brand eins 12/2007

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Titel: Zu schön, um wahr zu sein

Schwerpunkt: Design

Zum Inhalt dieses Heftes schreibt Chefredakteurin Gabriele Fischer in ihrem Editorial:

Schön, wenn es nützt

• „Design“ ist für die Redaktion von brand eins kein einfaches Thema. Zum einen, weil viele glauben, wir verstünden davon eine Menge, nur weil wir einen herausragenden Art Director haben, wie das dieser Ausgabe beigefügte Plakat belegt. Zum anderen, weil Design für vieles steht, was uns eher nervt: Oberflächlichkeit, Geschmacksdiktatur, überflüssige Verzierung. Und schließlich ist Design so ein Allerweltsthema, zu dem es bei Google auf Deutsch rund 500.000 Einträge mehr gibt als zum Begriff „Wirtschaft“ – ist dazu also nicht längst alles gesagt? Andererseits interessiert uns Veränderung, und an der kommt auch die Design-Branche nicht vorbei. In Zeiten, in denen Produkte weniger über die gute Form denn über beigefügte Dienstleistungen verkauft werden, in denen, wer es sich leisten kann, das Gute, Wahre, Schöne sucht und die Konsumgüter-Industrie auf gesättigten Märkten um Käufer ringt, in solchen Zeiten wandelt sich auch das Berufsbild jener Gruppe, die immer Gestalter sein wollte, aber oft nur Verzierer blieb. Und deren Aufstieg eng mit der Blüte des Industriezeitalters verwoben ist (S. 58). Wie schwer es ist, in diesem Wandel eine neue Positionierung zu finden, zeigt die Geschichte von Frog Design (S. 96). Einst eine Ikone und trotz vieler Irrungen noch immer ein florierendes Unternehmen, wird Frog inzwischen von kleinen Design-Büros überstrahlt, die sich aus der alten Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung befreien. Denn Attraktivität, so hat auch Patrick le Quément erfahren, Chefdesigner bei Renault und Vater des neuen wie des alten Twingo, wird von Konzernchefs und Designern nicht unbedingt gleich buchstabiert (S. 106). Doch was ist attraktiv? Schönheit. Und was ist schön? Auf kaum eine Frage gibt es so viele Antworten, die keine sind. Im Auge des Betrachters soll sie liegen, von innen kommen und dem Zeitgeist unterworfen sein. Konkreter wird da schon Ulrich Renz, Mediziner und Buchautor. „Schönheit ist Macht“, stellt er fest, und das, was wir schön finden, sei in weiten Teilen anthropologisch vorgegeben (S. 90). Dafür spricht auch, was der Stadtplaner Vittorio Magnago Lampugnani über Städte erzählt. So sehr sich Architekten mühten, ihre Utopie der idealen Stadt zu bauen – das Wohlgefühl der Bewohner hat mit waghalsigen Konzepten herzlich wenig zu tun (S. 110). So stehen Designer wie Architekten vor der schwierigen Aufgabe, Neues zu denken, ohne den Ausgangspunkt aus den Augen zu verlieren: dass sie Dienstleister sind. Und dass ihr Auftraggeber vor allem der Mensch ist, dem nützen soll, was sie erdenken. Stefan Lippert hat das verstanden. Er hat sich früh mit seiner Industrial PDD auf einen Markt konzentriert, der Designer nicht eben magisch anzieht, Medizin- und Rehabilitationstechnik. Unter anderem entwickelt Lippert Rollstühle, die ihre Benutzer im wahrsten Sinne des Wortes erheben. Darauf gekommen ist er, weil er den Design-Gassenhauer „Form follows function“ erweitert hat: Die Form muss auch dem Gefühl folgen. Denn nur wer sich als Designer einfühlen kann, weiß, was dem Menschen nützt (S. 70). Wohin die Reise geht? Darüber wird an vielen Orten gerungen. Doch kaum einer geht dabei so weit wie die Dozenten der Swedish School of Textiles (S. 122). Dort ist man aufgebrochen, das Design für eine neue industrielle Revolution zu entwickeln. Den Unterschied zur alten definiert die Konsumpsychologin Simonetta Carbonaro so: „Form follows sense. Es ist nicht das Glas, um das es geht. Es ist das Wasser.“ Und sie liefert auch eine Schönheitsdefinition, die trägt: „Wenn das Ethische fehlt, fehlt die Schönheit.“

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