brand eins 05/2006

brand eins 05/2006

brand eins 05/2006

Lieferzeit 2-3 Werktage

inkl. 7% USt.
zzgl. ggf. Versandkosten

Titel: Ende.

Schwerpunkt: Ende.

Zum Inhalt dieses Heftes schreibt Chefredakteurin Gabriele Fischer in ihrem Editorial:

Ach nein, jetzt noch nicht

• Das Ende ist beliebt, zumindest bei Google. 144 Millionen Treffer weist die Suchmaschine aus, der Anfang bringt es nur auf knapp 89 Millionen. Wir beschwören das Ende gern – das Ende der Zeit, der Geschichte, der Kultur. Doch im wirklich Leben weichen wir ihm lieber aus. Dass das Leben endlich ist, verdrängen wir ebenso gekonnt wie die Tatsache, dass auch Unternehmen, Marken, Karrieren irgendwann ihr Ende finden. Das mag verständlich sein in einer Zeit, die wie keine zuvor von Veränderungen bestimmt ist. Das Neue überrollt das Alte in immer schnellerem Tempo, mit dem Mythos des Dauerhaften ist es vorbei (S. 58). Wir hecheln von Station zu Station und halten uns nicht mehr mit Abschieden auf. Warum auch? „Jedes Ende ist ein neuer Anfang”, tröstet der Volksmund. Können wir dann das Ende nicht einfach übergehen? In vielen Unternehmen ist solche Ignoranz längst Alltag. Ob der Chef wechselt, Abteilungen aufgelöst oder Mitarbeiter gekündigt werden – der Abschied wird nur noch in Ausnahmefällen gefeiert. Dass der Verzicht auf unnötige Sentimentalitäten den Gang der Geschäfte beschleunigt, darf allerdings bezweifelt werden (S. 98). Es nützt nicht viel, das Ende zu verdrängen – es holt uns ein. Und wen es mit all seiner Macht erwischt, der lernt: Es hätte nicht geschadet, ihm vorher ein wenig Beachtung zu schenken. Wolfgang Urban etwa, einst Vorstandschef bei KarstadtQuelle, hatte sich mit aller Kraft gegen das drohende Karriere-Ende gestemmt. Am Ende musste er erleben, wie in wenigen Monaten große Teile seiner Lebensleistung zerschlagen wurden (S. 82). Oder Grundig, das einstige Wirtschaftswunderunternehmen, das irgendwann den Anschluss verlor und doch nicht sterben durfte. Als die baldige Schließung zum sechsten Mal angekündigt wurde, hatten die zermürbten Arbeiter keine adäquate Reaktion mehr parat: Sie klatschten Beifall (S. 70). Mehr noch als den Tod, so sagen Menschen gern, fürchteten sie langes Siechtum. Im Wirtschaftsleben scheint vielen das Siechtum die bessere Wahl: Nur eine Minderheit der Insolvenzen werden vom Unternehmer selbst angemeldet. Alles scheint besser, als sich einzugestehen, dass es nun zu Ende ist (S. 90). Dabei ist das Ende nicht Ausnahme sondern Regel: „Das Einzige, was wir sicher wissen, ist, dass der Tag kommen wird, an dem eine Firma scheitert“, sagt der britische Wirtschaftswissenschaftler Paul Ormerod (S. 88). Und wäre es anders, wäre das ganz sicher nicht der Himmel auf Erden: Beamte zum Beispiel sind nicht unbedingt glücklicher, nur weil sie nach ihrem Eid auf ewig unkündbar sind (S. 110). Schließlich kann die Aussicht auf ein Ende auch gut, ja, heilsam sein. Einige Konzert- und Opernhäuser erleben das gerade: Den sicheren Tod vor Augen lernen sie Marketing (S. 130). Und jeder kennt wohl den Moment, in dem im Hirn die Leuchtschrift aufblinkt: Es reicht! Im Geschäftsleben ist das riskant. Und kann doch erstaunlich gut ausgehen (S. 76). Was aber, wenn jemand von seiner ganzen Firma genug hat? Dann kann er, wie der Designer Peter Schmidt (S. 116) oder der Werber Reinhard Springer (S. 102), die Konsequenz daraus ziehen. Die Russen, so lernen wir bei einem kleinen Ausflug in die Ende-Kulturen der Welt (S. 122), wollen am liebsten, dass gar nichts endet. Rührend ist das, auch ein wenig lächerlich. Und ein guter Spiegel.

weiterlesen

Das könnte Sie auch interessieren: