brand eins 04/2008

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Titel: Ungelogen. Echt wahr. Versprochen.

Schwerpunkt: Wirtschaft und Wahrheit

Zum Inhalt dieses Heftes schreibt Chefredakteurin Gabriele Fischer in ihrem Editorial:

Nichts als die Wahrheit.

• Klaus Zumwinkel stand noch nicht unter Verdacht, als wir beschlossen, uns in einem Schwerpunkt mit Lug und Trug in der Wirtschaft zu beschäftigen. Schließlich bedurfte es dazu keines spektakulären Falles. Dass sich die Menschen, gleich in welcher Rolle, zunehmend misstrauen, war offenkundig. Die Frage, die uns beschäftigte, war: warum? Warum regt es uns so auf, wenn ein Politiker vor der Wahl etwas anderes sagt als danach? Wundert uns wirklich, dass Menschen, die es haben, ihr Geld vor der Steuerfahndung verstecken? Und glauben wir, dass wir in jenen goldenen Zeiten angelangt sind, in denen uns Banken, Fluglinien oder Mobilfunkanbieter aus purer Freundschaft etwas schenken (S. 76)? Natürlich kennen wir alle das Spiel. Wir wissen, dass eine Welt, in der jeder immer die Wahrheit sagt, nicht nur undenkbar, sondern auch nicht auszuhalten ist. Und doch nimmt die Empörung über aufgedeckte Unwahrheiten zu: „Weil sich das Lügen fürs System, also die soziale Lüge und die Notlüge für die Gruppe“, so eine der Antworten, die brand eins-Autor Wolf Lotter auf die Warum-Frage gefunden hat, „immer seltener rechnet“ (S. 56). Hinter der allseitigen Empörung steckt Verunsicherung. Denn auch wenn nicht mehr oder weniger gelogen wird als in den Zeiten zuvor: Der Lohn der Kumpanei bleibt aus. Wer heute die Mauscheleien seines Arbeitgebers übersieht, muss dennoch morgen mit Kündigung rechnen. Da ist es schon besser, der Wahrheit zu dienen – ein paar Millionen für eine Insider-Information sind schließlich besser als Hartz IV. Die Wahrheit allerdings ist kein sonderlich verlässlicher Partner im sozialen Spiel. Nicht nur, weil sie oft verletzt und einsam macht: Sie liegt auch, wie der Volksmund weiß, im Auge des Betrachters. Ist Sonnenenergie rundum gut und wird deshalb zu Recht gefördert (S. 116)? Schützt uns der Verbraucherschutz (S. 108)? Sind Versicherungen Betrüger, oder betrügt der Versicherte (S. 122)? Kann ich mich darauf verlassen, dass ein vom Gericht bestellter Insolvenzverwalter sein Geschäft versteht (S. 126)? Und wer hat eigentlich wen bei der aktuellen Finanzkrise übertölpelt (S. 100)? Was wahr ist, ist häufig Glaubenssache. Dennis Kozlowski beispielsweise, einst umjubelter Chef von Tyco Ltd. und heute im Knast, glaubt fest daran, ein Opfer seiner Zeit zu sein (S. 66). Viele der Rentner, die sich auf Kaffeefahrten Plunder zu Höchstpreisen andrehen lassen, glauben nicht, dass man sie davor beschützen muss (S. 86). Und vermutlich glauben selbst die Wirtschaftsförderer in Mecklenburg-Vorpommern, sie hätten für das CD-Werk in Dassow das Richtige getan. Was allerdings nach Lektüre der Geschichte schwer verständlich ist (S. 90). Die Lüge ist böse, die Wahrheit ist gut? Wäre es doch nur einfacher, beide zu unterscheiden. Für Peter Stiegnitz, Lügenforscher in Wien und Budapest, hilft nur der Zweifel: „Wir müssen wissen wollen, was wir uns vormachen. Dann schauen wir schon mal genauer hin.“ Dass das immer angenehm ist, haben wir nie versprochen.

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