brand eins 12/2016 (App)

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Titel: Zeig dich!

Schwerpunkt: Geschmack

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Zum Inhalt dieses Heftes schreibt Chefredakteurin Gabriele Fischer:

Wie es dir gefällt

Es ist nicht leicht, in diesen Tagen über Geschmack zu schreiben – die amerikanische Präsidentschaftswahl steht wie ein weißer Elefant im Raum. Zu oft war von Geschmacklosig­keiten die Rede, zu oft wurden die Grenzen der guten Sitten gesprengt. Aber ist es eine ­Geschmacksfrage, wie sich Politiker in einem Wahlkampf benehmen?

Zumindest ringt die Auseinandersetzung mit dem Thema der politischen Debatte neue Facetten ab. Denn Geschmack ist eben nicht nur eine individuelle Angelegenheit, er ist auch ein Spiegel der Zeit. Was gefällt, hat immer auch damit zu tun, was erlaubt ist: Die einen fühlen sich nur innerhalb des dadurch gesteckten Rahmens wohl, andere lieben es, dagegen zu verstoßen. Und wieder andere wollen die Deutungshoheit über das, was gute Sitte ist und was nicht (S. 42).

So entsteht politische Kultur. Und so entstehen Moden, die sich oft vom Rand der Gesellschaft in die Mitte bewegen. Auf dem Modeblog war es gerade noch Avantgarde, auf der ­Straße kann es schnell zum Mainstream werden. Und auch mit dem einstigen Außenseiter-Schmuck Tattoo fällt eigentlich kaum noch jemand auf (S. 62, 92).

Die Literaturwissenschaftlerin Barbara Vinken spürt solchen Entwicklungen seit vielen Jahren nach und hat erstaunliche Einsichten zur Mode, aber vor allem zur Gesellschaft gewonnen. „Mode ist der Lieblingsfeind einer puritanischen Zivilisationskritik“, stellt sie beispielsweise fest und erklärt, warum die Französische Revolution Männern die Freude am Schmücken ausgetrieben hat. Am Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik beschäftigen sich Wissenschaftler dagegen mit der Frage, warum wir was als schön empfinden. Eine der Erkenntnisse: Uns gefallen „bestimmte Symmetrien und Dinge, die leicht eingängig sind“ – allerdings haben wir die auch schnell wieder vergessen (S. 70, 52).

Produzenten, Designer oder Werber stellt das vor Herausforderungen: Sie sollten Prägnanz und Eingängigkeit verbinden. Ob das hinter dem Verkaufserfolg des eher schlichten Fjällräven-Rucksacks Kånken steckt? Geplant jedenfalls war er nicht, wie es überhaupt immer schwieriger wird, den Geschmack größerer Gruppen zu treffen. So mancher Onlinehändler kreist den Kunden deshalb mit kuratiertem Shoppen ein. Andere denken schon bei der Entwicklung ­eines Produkts darüber nach, wie es sein Besitzer am besten in seiner Social-Media-Peergroup präsentiert. Vielleicht hat der italienische Autodesigner Giorgio Giugiaro deshalb eine Vorliebe für Zwänge: Den Fiat Panda hat er besonders gern entwickelt, weil es bei dem Kleinwagen um mehr ging als gefälliges Aussehen (S. 76, 96, 120, 114).

Allen zu gefallen, ist weder eine lösbare noch eine interessante Aufgabe. Doch wer sich traut, seinem eigenen Geschmack zu folgen, braucht Selbstbewusstsein und Mut. Dabei muss nicht jeder so weit gehen wie die Opernregisseurin Tatjana Gürbaca oder der Maler Hans Scheuerecker, beide bezahlen für ihren Eigensinn einen Preis (S. 132, 142).

Aber den bezahlt auch, wer nicht auffallen will und sich versteckt.

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